* Ein Buch mit Seele *
Über die Weihnachtsfeiertage gab es
beim Drachenmondverlag eine Sonderpreisaktion, bei der ich gleich
zuschlug und zwei Bücher von Britta Strauß erworben habe.
Rezensionsexemplare nehme ich höchst selten an, da mir das zu
stressig ist. Schließlich soll Lesen Spaß machen und schlechte oder
langweilige Bücher lege ich nach spätestens hundert Seiten
beiseite. Mit Britta Strauß ist das anders. Ihr Buch kann man gar
nicht zur Seite legen. Echt schlimm.
Das Cover könnte gar nicht besser zum Inhalt passen.
Ihr ist es wieder einmal gelungen,
facettenreiche Charaktere zu erschaffen. Selbst der Bösewicht ist
alles andere als ein Cardboard-Charakter, wie er leider in etwa 90%
aller Liebesromane vorkommt, sondern multidimensional. Entfernt
erinnert er an Captain Ahab aus »Moby Dick«, doch besitzt er eine
viel weitreichendere Motivation.
Wobei dies ohnehin nicht der typische
Liebesroman ist. Eigentlich passt der Roman in keine Schublade.
Ich mochte sowohl Fae (ein
wunderschöner Name übrigens), die einmal eine richtig starke Frau
ist, die sich auch von ihrer tödlichen, heimtückischen Krankheit
nicht unterkriegen lässt. Manchmal war sie wohl etwas arg ungeduldig
und wütend wie in der Röstbrotszene, doch konnte man das
nachvollziehen. Wenn man nicht mehr viel Zeit hat, ist auch
aggressivere Ungeduld verständlich, auch wenn sie wirklich ein wenig
mehr Einfühlungsvermögen hätte zeigen können. Andererseits wirkte
es so realistischer, denn oft sind die Menschen ja gerade so in ihre
eigene Agenda verstrickt. Das dürfte wohl die Szene sein, mit der
manche hier Probleme hatten.
Ihr Bruder erinnert mich irgendwie an
meinen eigenen Bruder, bis auf das Fürsorgliche. Ein wenig lässt er
mich auch an den sympathischen Autoren Michael Modler denken, dessen
dunkelblonde Rastas bis zum Knie reichen, seiner Katze und der
Teesucht. Ukulele ist ohnehin der Hammer, ein Freund, wie man sich
ihn nur wünschen kann.
Kjell ist nicht der typische
Liebesromanheld. Er ist kein Alpha, also keiner dieser »Leck mir das
Testosteron aus der Achselhöhle«-Typen, wie er häufiger in
Liebesromanen vorkommt, aber stark auf seine eigenen Art und Weise.
Ich würde sogar sagen stärker als vorgenannter Typ und auf alle
Fälle interessanter.
Er ist ein Meereswesen, im Inneren
sowohl im Äußeren sehr stark am Original der Mythen orientiert. Ich
habe vor Jahren ein Bild davon gesehen. Das vergisst man einfach
nicht, es brennt sich ins Gehirn ein, denn es besitzt tatsächlich
etwas in den Bann ziehendes trotz oder gerade wegen seiner
Fremdartigkeit.
Die Beschreibungen sind wie gewohnt
sehr gekonnt, malerisch, märchenhaft und einfach nur schön. Sie
heben sich von der eher modernen Sprache der Dialoge durch eine
gewisse Musikalität ab. Generell beschreibt die Autorin die
Unterwasserwelt viel weitreichender als die Oberwasserwelt. Doch hier
finden sich mehr Oberwasser-Landschaftsbeschreibungen als etwa in
»Meeresblau«, die zudem überaus gekonnt sind. Dabei übertreibt
sie es jedoch nicht, sondern findet das richtige Maß.
Der Schreibstil ist an diesen Stellen
auch eher literarisch und auf jeden Fall deutlich über dem
Durchschnitt. Auf diverse Stilsünden wie Adverbien oder gewollt
»einfallsreiche« Verben bei der Einleitung der wörtlichen Rede,wie
sie leider bei einigen in Mode zu sein scheinen, wurde verzichtet.
Überhaupt verschwimmt die scheinbare
Grenze zwischen E- und U-Literatur, ein großes Thema durchzieht den
Roman und spiegelt sich wieder in den kleinen Details und zahlreichen
Symbolen. Zugleich gibt es einen durchdachten Plot mit zahlreichen
Wendungen und mehreren inneren und äußeren Gegenkräften, teilweise
deutlich größer als die Hauptpersonen. Konfliktscheu ist die
Autorin nicht. Auch teilweise sehr brutale Szenen werden dargestellt.
Die Handlung beschreibe ich nicht
weiter, da dies erstens schon getan wurde und zweitens ich auch nicht
zu viel verraten möchte. Allerdings rate ich euch, eure
Taschentücher bereitzuhalten, denn mir sind mehrmals die Tränen
gekommen. Nicholas Sparks ist nichts dagegen. Diesen Bösewicht meide
ich ja eigentlich genau deswegen …
Besonders bemerkenswert, aber nicht
überladen, ist der Detailreichtum. Man merkt, dass hier sehr viel
Aufwand für die Recherche betrieben wurde und die Autorin selbst
seit Jahren passionierte Taucherin ist. Ihre Liebe, Leidenschaft und
tiefe Verbundenheit zum Meer sind offenkundig und werden sehr gut
vermittelt. Bisher habe ich keinen Roman einer anderen Autorin
gelesen, in dem gerade die Unterwasserwelt derart lebendig und
detailreich mit großem Wissen dargestellt wurde.
Man kann den Roman kaum aus der Hand
legen, sodass ich bis tief in die Nacht hinein lesen musste.
Eine ganze Weile nach dem Lesen sah ich jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sehr deutlich grünliches Wasser und gefleckte Wale über mir, die mich umtanzten. Total verrückt, aber ich habe echt nicht gehascht oder getrunken. Es muss wohl am Buch liegen.
Eine ganze Weile nach dem Lesen sah ich jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sehr deutlich grünliches Wasser und gefleckte Wale über mir, die mich umtanzten. Total verrückt, aber ich habe echt nicht gehascht oder getrunken. Es muss wohl am Buch liegen.
Überhaupt bleibt einem der Roman sehr
lange im Gedächtnis. Bis ich allerdings ein anderes Buch von ihr
lese, brauche ich eine Pause, da es wirklich sehr aufwühlend ist.
Es ist übrigens einen Nachfolgeroman
mit Faes Sohn als Hauptperson geplant oder vielleicht sogar schon in
Arbeit.
Die Website der Autorin: http://www.brittastrauss.com/
Die Verlagswebsite: http://www.drachenmond.de/
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